Kino:
„The Help“
Plattenbauten
in der 3D-Vorstellung
Der politische
Anteil lächerlich, der prozentuale Schmunzel-Anteil gigantisch. Ein Artikel zur
Einverleibung des stark diskutierten Filmdramas „The Help“ (USA, 2011), dass
einerseits Oscar-reife schauspielerische Leistungen beinhaltet, andererseits
die amerikanische Bürgerrechtsbewegung
nur ansatzweise erfasst, und wenn dann nur, wenn Weiße involviert sind.
Die
Geschichte spielt im Jackson, Mississippi, von 1963, kurz vor der Zeit von Martin
Luther King, den Protest-Songs, dem March on Washington und der landesweiten Gleichstellung
afroamerikanischer und weißer Amerikaner, wobei diese Wende im von der
Sklaverei gezeichneten Mississippi wohl kaum jemandem bewusst war. Die junge
Skeeter (Emma Stone) ist Journalistin und befragt im Laufe ihres ersten Jobs bei
einer ansässigen Tageszeitung das schwarze Kindermädchen Aibileen (Viola Davis).
Zunächst im Sinne einer Haushaltskolumne, aber bald schon zur Diskriminierung
schwarzer Angestellter in weißen Haushalten, worüber auch Minny (Octavia
Spencer) eine (lautstarke) Meinung hat. Da sie mit eben dieser nicht hinterm
Berg hält, wird sie gefeuert und findet einzig und allein bei der blonden
Außenseiterin Celia (Jessica Chastain) Arbeit.
Foto: Dreamworks |
Die
Geschichten der Nannys stellen die große Ambivalenz dar: Sie sind den Kindern
der Weißen, während die vergnüglich Bridge spielen, näher als ihre eigenen
Mütter, ziehen sie groß, bis aus den Kindern erwachsene Frauen werden, die
selbst Kinder gebären und in die antiquierten Verhaltensmuster ihrer Eltern,
Großeltern usw. verfallen. Eine, wie ich vermute, nicht überzeichnete Dame ist
die unbarmherzige und rassistische Hilly (Bryce Dallas Howard), die sich mit
Veranstaltungen zwar wohltätig zeigt, ebenso aber separate Toiletten für die
schwarzen Angestellten fordert. Dass sie eine dicke Faust in die Visage
erhalten wird, ist bei diesem Disney-Film so klar, wie der Ausgang von
Schneewittchen…
Zum Ende
des Films hin veröffentlicht Skeeter die gesammelten Interviews in einem Buch:
„The Help“.
Foto: Dreamworks |
Der Film
beeindruckt durch seine Farben, witzigen Anspielungen, die Kostüme der frühen
60er Jahre, die fesselnde schauspielerische Leistung und eine gekonnt gestanzte
Erzählweise, die einen trotz der zweieinhalb Stunden am Ball bleiben lässt. Die
Hauptcharaktere Aibileen und Minny bleiben hingegen platt und sind nur die
Personen, die der weißen Skeeter ein paar Knochen vorwerfen, die sie
veröffentlicht. Letztlich wird ihr also der Erfolg zugesprochen, die
Bürgerrechtsbewegung als „weißer“ Verdienst dargestellt. Was beinah vollständig
ausgelassen wird, sind Ereignisse der Diskriminierung, Fernsehsendungen oder
anderweitige Berichterstattung der damaligen Situation in den Südstaaten der
USA. Einer der letzten Sätze im Film lautet: „Veränderung beginnt mit einem
Flüstern.“. Nun ja, hätten sich Aibileen und Minny damals auf eine Lorbeeren
zusammen klaubende Skeeter, die sich hinter dem „Anonymous“ auf dem Buch
verbirgt, verlassen, so hätte es kein Civil Rights Movement sondern wohl eher ein
Civil Rights Tiptoeing gegeben….
Fazit:
Sehenswert, aber nur, solange man den Verstand ausschaltet und sich von den
60’s ergreifen lassen will.
Max Böhner im Dezember 2011
„Ceremonials“ – Florence and the Machine
Das zweite Album der englischen Sängerin und Stilikone Florence Welch (and the Machine) erschien
vor ca. fünf Wochen. Ich dachte mir, es wäre besser, meine Meinung vorerst
geheim zu halten, um den Kritik-Wirbel von außerhalb mitzubekommen. Und
außerdem glaube ich nicht, dass man dieses komplexe Album nach einmaligem Hören
bereits rezensieren hätte können.
Quelle: Universal Music |
Zwei Jahre nach dem Erscheinen vom
Debütalbum „Lungs“ stieß „Ceremonials“ ebenso wie der Vorgänger auf Platz Eins der
UK-Charts. Überwiegend positiv fielen die Kritiken aus. An dieser Stelle möchte ich aus der L.A.
Times zitieren:
„On her follow-up, “Ceremonials” Welch has struck a fantastic
and necessary balance. She’s found a way to honor her Bjorkian appetites for
lavish orchestral spectacle while finding the depth and subtlety of her voice.
She’s become a better actor, a keener listener and still manages to let it rip
on occasion. But she also knows when to hush up, like at the close of
“Spectrum,” when Tom Monger’s harp gorgeously flutters and dips around her.“
Quelle: http://gossip-celebrity-news.com/wp-content/gallery/florence-and-the-machine-ceremonials_1/florence-ceremonials.jpg |
Nun bleibt nur zu hoffen, dass sich Florence nicht in die Musen-Schlange vor Karl Lagerfeld einreihen wird. Um Beth Ditto und „The Gossip“ ist es nämlich erstaunlich ruhig geworden…
Die rothaarige Engländerin hat es mit „Ceremonials“
geschafft, das Maximum ihrer Stimme (wenn auch einige Male hörbar technisch
unterstützt) zum Besten zu geben als auch Indie-Pop, Soul und Art Pop zu
vereinen. Anfangs war ich stark irritiert. Florence ist zwischen dem ersten und zweiten Album unfasslich herangereift, weshalb das Werk pompöser, anmutiger und größer erscheint und es auch ist. Nach mehrmaligen Durchläufen fand ich immer mehr Gefallen an dem noch Neuen. Heutiger Stand: Dauerschleife. In „Lover to Lover“ führt sie eine
kleine Psychoanalyse an sich selbst durch und kommt zu folgendem Schluss:
[…]
And
I’ve been taking chances
I’ve been setting myself up for the fall
and I’ve been keeping secrets
from my heart and from my soul
I’ve been setting myself up for the fall
and I’ve been keeping secrets
from my heart and from my soul
Going from row to row
back to back
lover to lover
black to red
back to back
lover to lover
black to red
But I believe
I believe
I believe
There’s no salvation for me now
no space among the clouds
and I feel I’m heading down
but that’s alright.
no space among the clouds
and I feel I’m heading down
but that’s alright.
[…]
Quelle: http://userserve-ak.last.fm/serve/_/32940019/Florence++the+Machine+florence25.jpg |
Bezieht man die Aussage des Textes wortwörtlich auf sie, scheint ihr bewusst zu sein, dass sie in die falsche Richtung rennt, "but that's alright".
Im März wird die hoffentlich Hut tragende Florence in der
Tonhalle (München) „Ceremonials“ der Menge präsentieren. Ich bin schon
gespannt, ob sie es schaffen wird, meinen persönlichen Favoriten „Shake it out“ mit einem anderen Song des Albums zu toppen. Nina und ich haben die
Tickets bereits und werden selbstverständlich am Ball bleiben und über das
Konzert berichten. Und zuvor selbst "Ceremonials" veranstalten: Bildergalerie mit Hair-Stylings, Outfits, Accessoires und Make-Up zum Brimborium vor dem Konzert. Vielleicht sollten wir uns aber als Gastronomie-Pinguine in eine schwarze Weste, ein weißes Hemd und eine schwarze Hose stopfen,
um uns durch den Seiteneingang einen Zugang zu Florence und damit zu einem
Exklusiv-Interview zu verschaffen? Was meint ihr?
Max Böhner, Dezember 2011.
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